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1999 rekonstruierte Mauerecke der Bauakademie am historischen Standort  am Schinkelplatz (Foto: Antje Bruno)


"Zukunft bauen" in der historischen Stadtmitte Berlins

Im Frühjahr 2023 wird der Realisierungswettbewerb zum Neubau der Berliner Bauakademie (1836) von Karl Friedrich Schinkel ausgeschrieben. Es bleibt zu hoffen, dass es der Bundesstiftung Bauakademie als wettbewerbsvorbereitende Instanz gelingt, die Unklarheiten auszuräumen, die den Programmwettbewerb zur „Wiedererrichtung“ der Bauakademie (so der damalige offizielle Wortlaut) 2018 maßgeblich geprägt hatten. 
Nachdem der Programmwettbewerb mit fünf ersten Preisen in eine Pattsituation führte, die Unverständnis in der Fachöffentlichkeit auslöste, wurde es stiller um das Architektur-Politikum. Zunächst fernab der Öffentlichkeit wurde der Gründungsprozess der Bundesstiftung Bauakademie durchgeführt und gelangte mit dem zunächst fehlgeleiteten Berufungsverfahren für die Gründungsdirektion wieder ins Zentrum der fachöffentlichen Aufmerksamkeit.

„Filzakademie“ titelte Niklas Maak in der FAZ am 8. Januar 2020 nach der umstrittenen vorläufigen Ernennung des Juristen Florian Pronold (SPD). Nach nicht endender Kritik aus der Architekturszene im Nachgang der Nominierung und Klagen seitens zweier Mitbewerber, trat Pronold zurück und der Posten wurde neu ausgeschrieben. Am 11. März 2021 wurde der Bauökonom Prof. Dr. Ing. Guido Spars aus Wuppertal vom Stiftungsrat nominiert.
Seitdem lichtet sich langsam der Nebel im Bemühen um einen Nachfolgebau zur historischen Bauakademie. Die Bundesstiftung Bauakademie hat sich, nach eigenem Bekunden auf ihrer Webseite, am 6. April 2002 einen neuen Markenauftritt gegeben, indem „…sich das Selbstverständnis der Bauakademie als zukunftsweisende Institution für nachhaltiges Planen und Bauen ausdrückt.“, heißt nun dort. Die ,Marke’ Bauakademie wurde sichtbar neu gedacht. Und das lässt hoffen – in diesen Zeiten, wo ganz dringend eine derartige Institution als Leuchtturmprojekt an einem prominenten Ort gebraucht wird, um die Bauwende im Sinne der Klimaziele in alle Bereiche des Bauwesens hineinzutragen und zu etablieren. Und auch die breite Öffentlichkeit muss an einem solchen Ort niedrigschwellig an die kaum zu überschauende Komplexität der erforderlichen Transformation herangeführt und für positive Zukunftsvisionen gewonnen werden. Denn nichts anderes als eine Zäsur, eine Umwälzung aller Bereiche unseres Lebens, steht uns bevor. 

Ein kurzer Blick zurück zeigt auf, wie sich der Diskurs und die politischen Interessen, die mit der neuen Bauakademie am historischen Standort verbunden wurden, verändert haben...

Was würde Schinkel tun? 

lautete der Titel einer Veranstaltung in der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz am 3. Februar 2019. Es gab reichlich mahnende Worte von der anwesenden Architektenschaft zum bisher durchgeführten Bauakademie-Verfahren. Im Hintergrund stand die große Frage, was genau eigentlich wiederhergestellt werden soll. Diese Frage war auch durch den Programmwettbewerb 2018 nicht geklärt worden. Eine direkte Antwort der anwesenden politischen Vertreter auf die dringliche Frage nach dem angestrebten Erscheinungsbild der zukünftigen Bauakademie wurde auch bei diesem Anlass den Zuhörern vorenthalten. Es galt zwischen den Zeilen zu hören, was der Bund als Bauherr wünscht und angesichts des in Fachkreisen ungeliebten Schlosses bisher nicht artikuliert hatte. Die Unschärfe des Begriffs Rekonstruktion, der in den Diskursen um die Bauakademie bewusst vermieden wird, ist Teil der Unsicherheit in Bezug auf die Erwartungen und die Gestalt des neuen Bauwerks.

Das im „Wiedererrichtungs“-Verfahren seit 2016 von politischer Seite ausgegebene Motto „so viel Schinkel wie möglich“, aber „bitte kein zweites Schloss“ hatte zu größtmöglicher Verunsicherung bei den beteiligten Planern geführt. Dass es aber offenkundig doch ganz wesentlich um das Bild des verlorenen historischen Bauwerks ging, wurde auch in der Akademie der Künste unmissverständlich verdeutlicht. Identität sei eine der dringlichsten Fragen der Zeit, die in der Bauakademie bearbeitet werden müssten, führte Gunther Adler, damaliger Bau-Staatssekretär im BMI, aus und verwies in diesem Zusammenhang auf die neugebaute Frankfurter Altstadt in historischem Kleid.

Im Gegensatz dazu rekurrierte der Architekt Kurt W. Forster, der über die Bedeutung der Bauakademie referierte, auf die Zukunftsorientierung des historischen Baus. Der Schinkel-Experte sprach von der „Provokation“, die das historische Bauwerk durch sein modernes Erscheinungsbild – ein unverputzter Backsteinbau – gegenüber dem barocken Repräsentationsbau des Hohenzollernschlosses darstellte. Es verkörperte Innovationskraft – Schinkel habe mit dem Bau gezeigt, was Architektur könne. Mit den Materialien Backstein und Eisen seien die zeitgenössischen Möglichkeiten der Verwendung der in Berlin führenden Technologien und die Anwendbarkeit des regionalen Baustoffs Ton für die verschiedenen konstruktiven Bauwerksteile vorgeführt worden. Durch ihre Bautechnik wurde die Bauakademie zum Vorbild – aber das Herausragende sei die Konstruktion, resümierte Forster. Deren Ablesbarkeit in der äußeren Gestalt wie auch die Darstellung des Nutzungsprogramms in den von Schinkel entworfenen Fassadenreliefs, gleichsam eine Verbindung von innen und außen, war architekturtypologisch neu. 
Die Schinkelsche Bauakademie war ein innovativer und wegweisender Bau mit hoher Symbolkraft, damals und heute. Es liegt eine Chance darin, an Schinkels Innovationsgeist und die Programmatik des Bauwerks der preußischen Bauschule anzuknüpfen.
Das neue, von der Bundestiftung Bauakademie ausgegebene Motto für den Neubau der Bauakademie heißt: „Die Zukunft bauen“. Wie würde Schinkel heute bauen?

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